Gute Beratung und umfassende Informationen helfen bei der Auswahl des richtigen Haushaltsgeräts: Wer die zu erwartenden Stromkosten eines Geräts kennt, trifft eher Kaufentscheide zugunsten von mehr Energieeffizienz.

Schweizer Haushalte sind noch lange nicht so energieeffizient, wie es heute möglich wäre. Beim Kauf von Elektrogeräten wählt nur ein Teil der Konsumentinnen und Konsumenten die Energiesparmodelle. Ein Forschungsteam schlägt nun vor: Auf den Verpackungen von Kühlschränken, Tumblern oder Backöfen sollte künftig deklariert sein, wieviel der Stromverbrauch der Geräte pro Jahr durchschnittlich kostet. Denn wer die Stromkosten kennt, kann auch mehr Energie sparen, zeigt die vom Bundesamt für Energie finanzierte Studie.

Gemäss Energiestrategie 2050 soll der durchschnittliche Stromverbrauch pro Kopf in der Schweiz bis 2020 um drei Prozent tiefer sein als im Jahr 2000. Noch ambitionierter ist die Zielsetzung für das Jahr 2035: Dann soll der durchschnittliche Stromverbrauch pro Kopf sogar 13 Prozent tiefer liegen als im Jahr 2000. Um diese Ziele zu erreichen, können die Haushalte einen signifikanten Beitrag leisten.

Stromsparpotential von 20 bis 30 Prozent
Das Potential für mehr Energieeffizienz wäre durchaus vorhanden, zeigt nun eine neue Studie, die das Bundesamt für Energie (BFE) finanziert hat. «Die Haushalte könnten 20 bis 30 Prozent mehr Strom sparen, als sie es bislang tun», sagt Studienleiter Prof. Massimo Filippini, heute gebe es bei Kauf und Nutzung von elektrischen Haushaltgeräten «beträchtliche Ineffizienzen». Der Ökonom der ETH Zürich hat gemeinsam mit Nina Boogen und Nilkanth Kumar von der ETH Zürich sowie Dr. Julia Blasch von der Freien Universität Amsterdam eine grosse Umfrage zum Schweizer Stromkonsum durchgeführt. Mittels Fragebogen erhob das Team in 8 400 Haushalten des Landes unter anderem, welche Elektrogeräte wie intensiv verwendet werden und wieviel Strom sie de facto verbrauchen. Letzteres wurde mit Angaben von neun beteiligten Elektrizitätswerken bestimmt.

Auf der Basis dieser Daten berechneten die Forschenden mit statistischen Methoden die Energieeffizienz eines jeden Haushalts. Anschliessend verglichen sie den Stromverbrauch der Haushalte in einem Benchmarking mit dem geschätzten Stromverbrauch aus einem Best-Practice-Modell. Das Stromsparpotential von 20 bis 30 Prozent ermittelten die Ökonomen aus der Ineffizienz der Haushalte gemessen an dem Best-Practice-Modell. Genaugenommen fanden sie «22 Prozent strukturelle In effizienz», wie sie etwa verursacht wird durch stromfressende veraltete Geräte, die noch jahrelang halten, sowie 11 Prozent «kurzfristige Ineffizienz», was etwa der Fall ist, wenn man ein Gerät im Standby-Modus belässt, obwohl man es jederzeit abschalten könnte.

«Der Kauf von Haushaltsgeräten kann ökonomisch gesehen komplex sein», schildert Massimo Filippini einen der Gründe für die heutigen Ineffizienzen. Solche Entscheide setzen einerseits einiges an Energiewissen voraus: Wieviel Strom braucht das Erhitzen von Wasser im Schnellkocher im Vergleich zum Kochtopf mit Deckel drauf? Wieviel kostet eine Kilowattstunde Strom? Wie hoch sind die Kosten bei der Benutzung eines Geräts? Zum Beispiel: Wieviel kostet ein Waschgang bei 60 °C? In der Befragung konnten die meisten Personen solche Fragen nicht korrekt beantworten.

Berechnungen die es in sich haben
Nicht minder wichtig ist nach Auskunft von Ökonom Massimo Filippini ein anderer Aspekt: «Um informierte energiebezogene Kaufentscheide zu treffen, braucht es eine gewisse Finanzkompetenz; die Leute müssen beim Kauf von neuen Geräten eine Investitionsrechnung durchführen können.» Energieeffiziente Geräte haben im Verkaufsgeschäft nämlich ein Handicap: Sie sehen meist teurer aus als sie sind, weil die Stromkosten, die sie Jahr für Jahr einsparen, im Kaufpreis nicht zum Ausdruck kommen. Auf der Energieetikette, die auf verbreiteten Geräten wie Kühlschränken, Kochherden, Tumblern oder Backöfen klebt, ist zwar der zu erwartende jährliche Stromverbrauch angegeben, allerdings in der physikalischen Einheit Kilowattstunden. Um die Stromkosten und letztlich die Gesamtkosten über die angenommene Lebenszeit eines Geräts zu erfahren, muss man sie berechnen. Und diese Berechnungen haben es in sich, wie eine Aufgabe aus dem Fragebogen der Studie illustriert. Folgende Aufgabe galt es zu lösen: Nehmen wir an, im Laden stehen zwei identische Kühlschränke. Sie unterscheiden sich einzig bei Preis und Stromkonsum: Modell A kostet 3 300 Franken und braucht jährlich 100 kWh Strom, Modell B kostet 2 800 Franken und braucht jährlich 200 kWh Strom. Welcher Kühlschrank hat nach zehn Jahren die tieferen Gesamtkosten, wenn eine kWh stets 20 Rappen kostet? Die korrekte Antwort auf diese Frage (Modell B) konnten gerade mal 30 Prozent der Befragten geben. Und dies, obwohl die Forschenden sogar den Kilowattstunden-Preis angegeben hatten, also eine Information, die auf der Energieetikette der realen Geräte fehlt. Beim realen Kauf von Haushaltgeräten dürfte daher die Hürde für korrekte Kostenabschätzungen sogar noch höher sein.

Das ernüchternde Fazit der Studie: Zwei Drittel der Konsumenten und Konsumentinnen waren nicht in der Lage, die Gesamtkosten (Kaufpreis plus Energiekosten für zehn Jahre) korrekt zu errechnen und auf diesem Weg die beiden Kühlschränke aus ökonomischer Perspektive korrekt zu vergleichen. Dass Modell A weniger Strom verbraucht als Modell B und damit ökologisch sinnvoller ist, war übrigens ein bewusster «Kunstgriff» der Wissenschaftler: Sie wollten damit sicherstellen, dass die Testpersonen im Kontext der Umfrage nicht die vereinfachende Annahme treffen, wonach sich energieeffiziente Geräte über eine lange Zeitdauer lohnen würden (weil die Energiekosten entsprechend geringer sind), sondern dass sie die Gesamtkosten tatsächlich verlässlich kalkulierten.

Stromdeklaration in monetärer Form fördert Energieeffizienz
Die Forschenden wollten in der Folge herausfinden, wie die Konsumenten die Lebenszeit-Kosten von Haushaltgeräten erfolgreicher abschätzen könnten. Mit Teilgruppen der Haushaltbefragung testeten sie Alternativen zu den heutigen Berechnungsgrundlagen. Zum Ergebnis sagt ETH- Forscherin Nina Boogen: «Wenn die Leute den Stromverbrauch von Haushaltgeräten in Franken und Rappen zu sehen bekommen statt wie heute in Kilowattstunden, treffen sie deutlich öfter rationale, gut informierte Kaufentscheide zugunsten von mehr Energieeffizienz». Der Anteil richtiger Antworten erhöhte sich dann signifikant. Ebenfalls einen guten Effekt hatte der Einsatz eines Online-Rechners, mit dem die Befragten die Lebenszeit-Kosten von Elektrogeräten berechnen konnten. Eine leichte Verbesserung ergab sich, wenn die Befragungsteilnehmer eine Kurzanleitung erhielten zum richtigen Rechnen mit der abstrakten Grösse «Kilowattstunden».

Energielabel wie in den USA
Aus energiepolitischer Warte hält es das Ökonomenteam daher für sinnvoll, wenn die Hersteller von Haushaltgeräten künftig verpflichtet würden, die geschätzten jährlichen Stromkosten von Kühlschränken, Tumblern etc. gut sichtbar auf den Produkteverpackungen anzugeben. Dabei könnte die Schweiz etwa dem Beispiel des «Energy Guide Label» (US-FTC, 2017) in den USA folgen. Auf jenem gelben Label sind die geschätzten jährlichen Stromkosten eines Geräts in fetten schwarzen Zahlen auf einer Skala eingetragen, welche die regional variierenden Strompreise mitberücksichtigt. Diese Massnahme liesse sich relativ einfach umsetzen, schätzt Massimo Filippini. Zugleich hätte sie einen langfristigen Effekt: «Ist ein Haushaltgerät einmal gekauft, beeinflusst seine Energieeffizienz den Stromkonsum oft jahrelang.» Um die wichtige Kaufkompetenz noch weiter zu erhöhen und überdies auch das allgemeine Energiewissen zu fördern, schlägt das Forschungsteam weitere energiepolitische Massnahmen vor – von Informationsbroschüren und -kampagnen über Kurse an Schulen und für Konsumenten bis hin zu mobilen Apps, die bei der Berechnung der Lebenszeitkosten von Haushaltgeräten helfen. Was von den Massnahmen dereinst umgesetzt wird, ist allerdings nicht Sache der Wissenschaftler. Hier liegt der Ball nun bei der Politik.

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