Matthias Mack, Director Global Alternative Energies und Mitglied der Geschäftsleitung von Stäubli, im Gespräch mit der energieRUNDSCHAU über elektrische Steckverbinder und welch entscheidende Rolle diese kleinen Komponenten in einer langfristigen Partnerschaft spielen.

energieRUNDSCHAU»: Willkommen bei der energieRUNDSCHAU. Danke, dass Sie sich Zeit für das Interview genommen haben. Können Sie uns als Einstieg etwas zum Hintergrund von Stäubli erzählen? Matthias Mack: Stäubli Electrical Connectors, ehemals Multi-Contact, ist Teil des Stäubli-Konzerns, ein weltweit agierender Anbieter von Mechatronik-Lösungen, mit drei spezialisierten Aktivitätsbereichen: Connectors, Robotics und Textile. Stäubli Electrical Connectors hat über 56 Jahre Erfahrung in der Herstellung zuverlässiger elektrischer Steckverbinder für verschiedenste Geschäftsfelder. Seit mehr als 25 Jahren sind wir Marktführer für elektrische Steckverbinder in der Photovoltaik (PV). Als Pionier führten wir 1996 den ersten industriellen Photovoltaikstecker (MC3) ein, gefolgt vom Original MC4 im Jahr 2002. Heute haben wir mit unseren StäubliPhotovoltaiksteckern mehr als 240 GW installierte Photovoltaikleistung erfolgreich verbunden – das entspricht fast 50 % der global kumulierten PV-Leistung. Diese Zahl steht für Zuverlässigkeit, höchste Qualität und Marktakzeptanz unserer Produkte. Sie spiegelt den einwandfreien Betrieb über die gesamte Lebensdauer der Anlage von häufig mehr als 25 Jahren wider. Alles Faktoren, die sich positiv auf die Bankability von PV-Projekten auswirken.

Sie haben Ihre Aktivitäten auf Konferenzen, Podiumsdiskussionen und anderen Plattformen rund um das Thema Qualitätsaspekte bei PV-Steckverbindern verstärkt. Was ist der Grund dafür?
Angesichts des aktuellen Kostendrucks, bei dem Projektierer und unabhängige Stromerzeuger zunehmend aggressiv niedrige Strompreise anbieten, werden Kostensenkungsstrategien in der PV-Industrie immer notwendiger. Dies gilt insbesondere für wachsende PV-Märkte wie Indien, Lateinamerika und MENA.

Die Frage, die sich nun stellt: Gibt es nicht einen Zielkonflikt zwischen dem, was Anlagenbesitzer und Investoren wollen, und dem, was EPCs (Engineering, Procurement and Construction) gewissenhaft und realistisch liefern können? Wie kann man Qualität, Rentabilität und Zuverlässigkeit in einem solch anspruchsvollen Geschäftsumfeld im Griff behalten? Hier ist Vorsicht geboten, der Kampf um noch niedrigere Preise kann gefährlich sein: Man bekommt, wofür man bezahlt. Trotzdem gilt es, wettbewerbsfähig zu sein, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen. Dies kann zu Konflikten führen.

Dieser Trend wirkt sich natürlich auch auf die Systemkomponenten aus, zu diesen gehören die PV-Steckverbinder. Unabhängige Studien sowie unsere eigenen Erfahrungen zeigen, dass einerseits bestehende PV-Systeme eine Vielzahl von Problemen bei der Verkabelung und bei Steckverbindern vorweisen, die auf schlechte Qualität zurückzuführen sind und andererseits einen erheblichen negativen Einfluss auf die Effizienz, den Return on Investment und die Stromgestehungskosten (LCOE-Levelized Cost of Energy) der PV-Anlage haben.

Wir stellen immer wieder fest, dass in der Branche eine grosse Wissenslücke über Verkabelung und Steckverbinder herrscht. Dies nicht nur über die Produkte selbst, sondern auch zu deren korrekten Handhabung und eben deren Relevanz in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlage.

Gerade in nicht subventionierten Märkten müssten Projektierer immer mehr auf die Qualität der Komponenten achten. Meistens konzentrieren sie sich auf die Module und Wechselrichter – die offensichtlich den grössten Teil der Investition ausmachen – während andere Komponenten vernachlässigt werden. Projektierer überlassen dieses Thema oft dem EPC, welcher je nach Geschäftsmodell einfach das günstigste Angebot wählt. Wir schliessen daraus, dass solche Entscheidungen zum Teil aus Unwissenheit, zum Teil aus fehlender Fokussierung auf diese kleinen Komponenten entstehen. Man muss bedenken, der Steckverbinder macht nur rund 0,003 % der gesamten Investitionskosten aus. Er ist eine kleine Komponente innerhalb einer Anlage, sowohl in Bezug auf seine Grösse als auch die Gesamtsystemkosten. Wenn man jedoch bedenkt, wie viel Geld in eine PV-Anlagen investiert und wie viel Wert auf die Auswahl der richtigen Module, das richtige Systemdesign usw. gelegt wird, dann sollte auch die erzeugte Energie effizient, sicher und zuverlässig übertragen werden. Und welches Teil ist hierfür von entscheidender Bedeutung? Richtig, der elektrische Steckverbinder, das vermeintlich unscheinbare Bauteil.

Zurückkommend auf Ihre Frage: Ja, wir haben unsere Aktivitäten diesbezüglich intensiviert, um dadurch mehr Bewusstsein in der PV-Branche für diese relevanten Themen zu schaffen.

Was ist Ihr Experten-Tipp an PVProjektierer. Welches sind die wichtigsten Kriterien, auf die geachtet werden sollte?
Ein entscheidender Punkt ist die frühzeitige Planung, welche eine sorgfältige Auswahl von bankfähigen Produkten und Komponenten miteinbezieht. Eine solche Planung geht über die blosse Prüfung von Datenblatt und Zertifikat hinaus. Auch bei Steckverbindern empfehlen wir, die Parameter äusserst kritisch zu prüfen: eine Checkliste, ein Datenblatt, Projekt–Referenzen liefern erste Indikatoren. Zudem können Sie auch Testmuster sowie Testprotokolle anfordern. Achten Sie bei der Produktauswahl nicht nur auf die Produktspezifikationen, sondern auch darauf, dass Ihr Lieferant ein bankfähiger Partner ist. Steht Unterstützung vor Ort zur Verfügung? Agiert das Unternehmen nachhaltig, nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch? Ich kann nicht genug betonen, wie wichtig die sorgfältige Auswahl eines bankfähigen Partners mit hohem Qualitätsanspruch und ausgebildeten technischen Mitarbeitern ist.

Wie bereits erwähnt geht es nicht nur um das Produkt, sondern auch um dessen richtige Handhabung. Es gibt internationale und lokale Normen, die bei der Installation zu beachten sind. Den Montagehinweisen der Hersteller ist Folge zu leisten. So ist der Kreuzverbau von PV-Steckverbindern strikte zu vermeiden.

Was ist demnach wichtig bei der Auswahl des optimalen PV-Steckers; können Sie uns bitte einige Details nennen?
Steckverbinder werden in grossen Mengen eingesetzt. In einem 100-MW-Solarpark sind rund 700’000 Steckverbinder installiert. Ein über die Lebensdauer zunehmender Übergangswiderstand des Steckverbinders führt zu höheren Temperaturen und Leistungsverlusten, was sich wiederum negativ auf den Übergangswiderstand auswirkt. Ein Teufelskreis, der zu einem hohen Ausfallrisiko der Steckverbinder führt. Die Folgen: Stromeinbussen, Mehrkosten für Service und Ersatzteile und – im schlimmsten Fall – zur Wiederinstandsetzung nach einem Brand.

Die Schlüsselwörter bei der Produktauswahl sind daher Langlebigkeit und Zuverlässigkeit. Dies über die gesamte Lebensdauer von 25 Jahren und mehr. Viele Steckverbinder sehen sich zum Verwechseln ähnlich, daher wollen Kunden oft wissen, wie ein langlebiger und hochwertiger Steckverbinder als solcher identifiziert werden kann. Hier ist unter anderem ein genauer Blick auf den Isolator notwendig: Sorgfältig ausgewähltes Material schützt vor Umwelteinflüssen, garantiert höchste Bedienersicherheit durch zum Beispiel Berührungsschutz und verfügt über die notwendige mechanische Festigkeit.

Ich verstehe, die hochwertigen Isoliermaterialien und das robuste und zuverlässige Design sind mitentscheidend. Wie verhält es sich mit den Metallteilen des Steckverbinders, die die elektrische Energie innerhalb der PV-Anlage übertragen?
Sehr gute Frage, auch bei den Metallteilen ist die Materialwahl und das Design entscheidend. Hier können Stäubli-MC4 Produkte dank der patentierten MULTILAMTechnologie den geringsten Übergangswiderstand über die Lebenszeit garantieren. Dieses Kriterium ist beim Produktvergleich zentral.

Sie haben einen niedrigen und langzeitstabilen Übergangswiderstand als wichtig erachtet. Können Sie hier bitte noch mehr ins Detail?
Die Hauptaufgabe des Steckverbinders besteht darin, die von den PV-Modulen erzeugte elektrische Energie sicher und zuverlässig mit geringstmöglicher Verlustleistung zu übertragen. Elektrische Energie geht durch Widerstand verloren – nicht verloren im wahrsten Sinne des Wortes, sondern sie wird in Wärme umgewandelt. Daher ist es nicht sinnvoll, die Ausgangswerte des Kontaktwiderstandes verschiedener Hersteller zu vergleichen, sondern diese Eigenschaften über die gesamte Lebensdauer der Produkte unter Berücksichtigung der Umwelteinflüsse zu bewerten. Bei wirklich schlechten Verbindungen mit hohem Kontaktwiderstand, kann die entstehende Wärme zu Bränden und Unfällen führen. Die Steck-Kompatibilität ist ebenfalls entscheidend, da Abmessungen, Anpressdruck und Kontaktoberfläche, chemische Verträglichkeit der berührenden Teile usw. übereinstimmen müssen. Die Steck-Kompatibilität ist nur gewährleistet, wenn sowohl die Anschlussbuchse als auch der Anschlussstecker vom gleichen Lieferanten stammen.

Also ist es durch Vorschriften definiert, dass keine unterschiedlichen Produkte von verschiedenen Herstellern miteinander verbunden sind?
Ja, grundsätzlich ist das korrekt. Wir sprechen hier von Kreuzverbau. Stäubli kann eine Kompatibilität der eigenen PV-Steckverbinder mit denen eines anderen Herstellers nicht bestätigen. Unsere Kunden verdienen höchste Qualität und dies ist bei Kreuzverbau nicht gewährleistet. Warum ist das so: Verschiedene Hersteller verwenden unterschiedliche Technologien, Rohstoffe und Abmessungen von Metall- und Isolierteilen, verschiedene Produktionsprozesse – um nur einige Parameter zu nennen. Die Erfüllung der elektrischen, mechanischen und klimatischen Anforderungen kann somit nachweislich nicht gewährleistet werden. Im Falle von Kreuzverbau verringert sich ganz klar die Sicherheit und Zuverlässigkeit der PV-Anlage. Es sind schwerwiegende negative Auswirkungen wie Leistungsverluste, Wartungskosten, Lichtbögen oder Brände aufgrund von Steckerausfällen zu erwarten.

Im Schadensfall kann die Produkthaftung zwischen den beiden Herstellern nicht zugewiesen werden: Liegt die Verantwortung beim Hersteller A oder beim Hersteller B, wenn zum Beispiel die PV-Anlage brennt? Infolgedessen kommt es zu Rechtsstreitigkeiten aufgrund undefinierter Haftbarkeit mit unerwünschten Auswirkungen für alle Beteiligten. Die mit einem solchen Fall verbundenen wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen sind unvorhersehbar.

Wie gesagt, Stäubli erkennt keine Produkte von Drittanbietern als kompatibel mit der MC4-Familie an und beabsichtigt auch nicht, dies in Zukunft zu tun. Diese Entscheidung wird durch die heutigen internationalen PV-Vorschriften untermauert. In den IEC-Normen heisst es ausdrücklich: «Die miteinander verbundenen Stecker und Buchsen müssen vom gleichen Typ und vom gleichen Hersteller sein». Die gleiche Kernbotschaft finden Sie in den entsprechenden UL-Normen. Stäubli-Produkte der MC4-Familie, die mit Steckverbindern von Drittanbietern kombiniert werden, verlieren in ihrer Endanwendung alle relevanten Zertifizierungen.

Neben einer minderwertigen ProduktQualität und dem Kreuzverbau hat Stäubli die «richtige Installation und Crimpung» als dritte grosse Risikoquelle identifiziert. Worum geht es?
Exakt, ein weiterer Erfolgsfaktor ist die richtige Montage des Steckverbinders, insbesondere die Crimpung. Eine qualitativ hochwertige Crimpung ist entscheidend für eine gute elektrische Verbindung. Dazu müssen entsprechende Montagewerkzeuge wie Crimpzangen verwendet werden – letztere stellen sogar einen Teil der IEC-Qualifizierung der Steckverbinder dar. Wichtige Parameter sind: Crimphöhe, Zugfestigkeit und Kontaktwiderstand. Falsches Crimpen und zu geringe Crimpkräfte führen zur Nichterfüllung der Normkriterien, instabilen Kontaktwiderständen und einer Undichtheit gegenüber Gasen, die das Risiko von Korrosion bergen. Daher besteht erneut ein hohes Risiko für Steckerausfälle.

Genau hier setzen wir an und verstärken unsere Bemühungen, korrekte Montage und Anwendung zu gewährleisten. Nur wenn geschultes und qualifiziertes Personal die Steckverbinder vorschriftsmässig handhabt, können Sie die damit verbundenen Risiken minimieren und die Effizienz bzw. Rentabilität einer PV-Anlage maximieren.