Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Verkaufen eines Sachguts und dem einer Dienstleistung liegt in der Notwendigkeit begründet, die Kundschaft zum Mitmachen zu bewegen. Schon der Bezug der Dienstleistung Hausbeleuchtung etwa erfordert die Installation geeigneter Leuchtkörper und das Betätigen der Lichtschalter, damit der Strom fliesst.

Bei nachhaltigen Energiedienstleistungen ist diese Aufgabe besonders anspruchsvoll, weil Kunden beim Mitmachen auch noch ihr gewohntes Verhalten ändern müssen. So erfordert der Umstieg auf E-Mobilität in Verbindung mit der Stromerzeugung aus neuen erneuerbaren Energiequellen (NEE) die Abkehr vom gewohnten Denken in Tankfüllungen und Reichweiten sowie die Installation und aktive Bewirtschaftung des dezentralen Versorgungssystems.

Was aber sind die Gründe, warum Menschen dazu bereit sind, ihr Verhalten zugunsten nachhaltiger Lösungen zu ändern? Dies war die Ausgangsfrage eines von der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI) geförderten Forschungsprojekts, dessen wichtigste Ergebnisse wir hier vorstellen. Die landläufige Meinung unterstellt, dass ein gewisser Leidensdruck für eine Verhaltensänderung unabdingbar ist. Hingegen zeigt die Erfahrung, dass sich dies auch bewirken lässt, indem die Kundschaft eine im direkten Vergleich bessere, das heisst für sie vorteilhafte Alternative erkennt. Damit ihre Verhaltensänderungen wahrscheinlicher werden, müssen sie also diesen Vorteil als solchen wahrnehmen können. Worin können nun aber Vorteile einer «nachhaltigen Energiedienstleistung» konkret bestehen?

Zum einen sind Vorteile denkbar in der Art und Weise ihrer Verwendung. Eine Dienstleistung, die besonders einfach funktioniert, kann den Kunden Spass beim Mitmachen bereiten oder sie von Sorgen entlasten. Der funktionale Nutzen einer privaten Solartankstelle kann dann beispielsweise darin bestehen, dass sie im Eigenheim gebrauchsfertig installiert und durch ein zeitlich befristetes Pachtmodell zum Rundum-Sorglos-Paket wird. Die Tatsache, dass ich mir als Kunde meinen Kopf nicht mehr über den Ort, Zeitpunkt und / oder Preis der nächsten Tankfüllung zerbrechen muss, erscheint unmittelbar vorteilhaft.

Zum zweiten können Vorteile nachhaltiger Energiedienstleistungen aus Sicht der Kunden darin erkennbar sein, dass sie sich in ihren persönlichen Werthaltungen bestätigt sehen. Wenn mich mein Dienstleister in meinen Grundansichten «abholt» und mir mit seinem Angebot vermitteln kann, dass mein Standpunkt nicht nur der Richtige ist, sondern ich auch noch einen persönlichen Beitrag leisten kann, erscheint mir dies als zusätzlicher Vorteil und begünstigt meinen Wahlentscheid. Ein Anbieter von aus NEE gespeisten Mobilitätsdienstleistungen spricht also mit Vorzug die Bereitschaft seiner potenziellen Kunden an, sich durch die Wahl einer nachhaltigen Lösung im Einklang mit den eigenen Überzeugungen zu verhalten. Diese können beispielsweise darin bestehen, dass ich meiner Nachwelt eine lebenswerte Natur und Umwelt hinterlassen möchte, die frei ist von gefährlichen Altlasten und irreversiblen Schädigungen.

Nicht zuletzt spielen bei der Entscheidung zum Kauf einer nachhaltigen Energiedienstleistung auch die Emotionen der Kunden eine wesentliche Rolle, etwa wenn der Kaufprozess erwünschtes Wohlbefinden auslöst in Verbindung mit der Überzeugung, «das Richtige zu tun». Positive Gefühle können einerseits darin bestehen, dass ich eine gewisse Begeisterung verspüre, etwa wenn ich die innovative Dienstleistung in meinem Umfeld als erster verwende und dadurch meinen sozialen Status als Pionier bestärke. Ebenso kann dies z. B. dann der Fall sein, wenn mich die makellose Qualität der Dienstleistung und ihrer Erbringung, nicht zuletzt auch durch persönlichen Kontakt mit den dahinter stehenden Menschen, zu faszinieren vermögen. Umgekehrt können negative Gefühle meine Bereitschaft einschränken, mich auf Neues einzulassen. So kann die «gesunde Skepsis» gegenüber einer innovativen Energiedienstleistung und deren Zuverlässigkeit die subjektiv empfundene Abneigung verstärken und damit ein gewichtiges emotionales Hemmnis darstellen. Diese negativen Gefühle lassen sich nur durch hartnäckigen Einsatz für den Aufbau und Erwerb von Vertrauen überwinden.

Welchen praktischen Nutzen bringen diese Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt für den angestrebten Markterfolg beim Design einer nachhaltigen Energiedienstleistung? Damit die Optimierung gelingt, sind drei Punkte abzuarbeiten: erstens die Einsicht in den bestehenden Handlungsbedarf; zweitens die genauere Analyse und Erfassung der Abweichungen; und drittens die Ableitung von Massnahmen zur Behebung allfälliger Defizite und Ausschöpfung des Erfolgspotenzials.

Den ersten Arbeitsschritt unterstützen wir durch einen Selbsttest für Anbieter nachhaltiger Energiedienstleistungen. Abhängig von der Marktreife und den Kundenerwartungen sowie der Bedeutung von externen Faktoren wie beispielsweise der Unterstützung durch die öffentliche Hand zeigt der Test für den Einzelfall den Optimierungsbedarf entlang den drei oben ausgeführten Dimensionen funktionaler Nutzen, Werte und Emotionen auf.

Den zweiten Schritt erarbeiten wir anhand von drei Analysetools, die im Forschungsprojekt entwickelt wurden: das «Werte­haus», die «Emotionslandkarte» sowie das «Servicerad». Mit dem Werteheaus lässt sich ermitteln, inwieweit die Energiedienstleistung bereits durch nachhaltige Werthaltungen in den drei Pfeilern Unternehmung selbst, ihre Partner und ihre Kundschaft abgestützt ist. Die Emotionslandkarte untersucht die Ausgangslage mit Blick auf die positiven und negativen Emotionen der Kundschaft und weist auf den angestrebten Idealzustand hin. Das Servicerad schliesslich erfasst die funktio­nalen Qualitätsaspekte, die mit spezifischen Massnahmen zu optimieren sind.

Im dritten Arbeitsschritt leiten sich aus den erwähnten Analysetools konkrete Ansätze zur Erhöhung der Schlagkraft im Marketing ab. Für die nachhaltige Dienstleistung «hello future» ergab die Untersuchung mit dem Tool «Wertehaus» beispielsweise, dass die Art und Weise der Vermarktung bereits bestimmte uneigennützige Werte aktiviert, die auch ihre Zielkundschaft vertritt. Weil Kunden durch das Installieren, Betreiben und Finanzieren von Ladeinfrastruktur die Möglichkeit erhalten, ihre Elektroautos zu Hause aufzuladen, können sie einen erwünschten Beitrag zur Entlastung der Umwelt leisten und zugleich ihrer Werthaltung Ausdruck verleihen. So profitiert diese Dienstleistung bereits von einigen in ihrem Design eingebauten wertbezogenen Massnahmen.

Zur gezielten Verbesserung ihrer Überzeugungskraft in den Augen der Zielkundschaft kamen im ersten Pfeiler Unter­nehmung als konkrete wertbezogene Massnahme etwa Bonusleistungen in Betracht. So könnte der Anbieter zum Beispiel für jeden elektrisch gefahrenen Kilometer seiner Kundschaft zusätzlich einen Beitrag an eine Stiftung zur Förderung der Elektromobilität abliefern. Auch im zweiten Pfeiler Partner lassen sich Werthaltungen für die erfolgreiche Vermarktung einsetzen: dafür bietet sich etwa eine Kooperation mit Organisationen aus dem Themenfeld Nachhaltigkeit (z. B. WWF, Verein für umweltgerechte Energie) und / oder mit externen Spezialisten für NEE an sowie die Markierung mittels einschlägiger Zertifikate (z. B. naturemade star). Im dritten Pfeiler Kunden geht es bei der erfolgreichen Vermarktung um das Vermitteln von altruistischen Werten, indem der Anbieter eine Gruppendynamik im Wege des Community-Building auslöst, etwa durch Unterstützung der Teilnahme von Kunden an der «Wave-Trophy», der grössten E-Mobil-Rallye der Welt.

Die Untersuchung mit dem Tool «Emotio­ns­landkarte» zeigt auf, dass die Gefühlslandschaft für «hello future» auf eine gewisse Gleichgültigkeit ihrer Kundschaft schliessen lässt. Dabei erscheinen die negativen Emotionen als vergleichsweise schwach ausgeprägt, besteht doch ein grosses Kundenvertrauen in die Unternehmung und die Qualität der Dienstleistung. Hingegen sind die positiven Emotionen noch zu schwach ausgeprägt, um eine echte Begeisterung für die neue Dienstleistung auszulösen. Für die angestrebte höhere Zustimmung der Kundschaft empfehlen sich mit Vorrang Massnahmen wie beispielsweise die Sicherstellung eines perfekten Kundenservice sowie die Verkörperung der Begeisterung durch Mitarbeiter mit Kundenkontakt. Zudem drängen sich eine Markenpflege mit emotional anregenden Bildern und futuristischem Design und die Auslobung des Angebots mittels attraktiver Gadgets auf.

Das Tool «Servicerad» schliesslich untersucht die funktionalen Nutzenaspekte der Servicequalität in den beiden Dimensionen Kern-Dienstleistung und Kundenservice, welche zu gezielten Verbesserungen der Outbound- und Inbound-Aktivitäten sowie von Prozesseffizienz und Ergebnisqualität anregen. So zeigte sich etwa am hier betrachteten Beispiel, dass die grösstmögliche Vereinfachung der Kern-Dienstleistung die Ergebnisqualität aus Kundensicht massiv steigern konnte. In der durch Kunden veranlassten Inbound-Kommunikation leistete z. B. die Sicherstellung einer fachgerechten Unterstützung bei technischen Problemstel­lungen während der praktischen Nutzung der Dienstleistung einen wichtigen Erfolgsbeitrag.

Die Erfahrung aus dem Projekt zeigt, dass die Verwendung der gewonnen Erkenntnisse aufgrund der aus der Praxis heraus entwickelten Toolbox den Design­prozess nachhaltiger Service-Innovationen im Energiebereich wirkungsvoll verbessern kann.