Auf dem Hunziker Areal in Zürich-Nord findet bereits heute das Leben der Zukunft statt. Die Genossenschaftssiedlung «mehr als wohnen» mit 13 Mehrfamilienhäusern, Gewerbe-, Gastronomie- und Gemeinschaftsräumen bildet einen lebendigen, verdichteten Quartierteil für rund 1300 Menschen aller Generationen. Das Leuchtturmprojekt mit 369 modernen und preisgünstigen Wohnungen zeigt, dass die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft tatsächlich grossflächig erreicht werden können. Umgesetzt wurde dieses zukunftsweisende Projekt von der Totalunternehmung Steiner AG. Deren Design-to-Cost-Modell garantierte die Einhaltung des engen Zeit- und Kostenrahmens.

Im aufstrebenden Quartier Oerlikon im Norden Zürichs hat in den letzten Jahren eine kontinuierliche Verdichtung und Urbanisierung stattgefunden. Eine breite Allee, von der Ausfallachse Thurgauer­strasse nach Osten abzweigend, führt zum Busdepot der städtischen Verkehrsbetriebe und zum riesigen Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz. Mitten drin liegt ein Gebiet, welches seinen ehemals peripheren Charakter abgelegt und sich zwischenzeitlich vollständig in die Stadt eingliedert hat. Dort, auf dem über 40’000 m2 grossen Gelände des ehemaligen Betonwerks Hunziker, ist die Wohnüberbauung «mehr als wohnen» entstanden.

Das Neue wagen
Die Idee und der Anstoss zur Bebauung des Hunziker Areals stammt von der Baugenossenschaft «mehr als wohnen», einer Initiative der Zürcher Baugenossenschaften. Unter klar definierten Zielvorgaben, dass das Siedlungsgebiet nachhaltig im Sinne der 2 000-Watt-Gesellschaft weiterwachsen soll, trat die Stadt Zürich das Areal an «mehr als wohnen» im Baurecht ab. Wie der Name der Baugenossenschaft schon sagt, geht es beim Hunziker Areal um mehr als blosses Wohnen oder die Erfüllung von technischen und bauphysikalischen Normen. Im Fokus gemeinnütziger Bauträger steht seit je ein gesamtheitlicher Ansatz, welcher Wohnen, Leben und Arbeiten miteinander verbindet. Das Hunziker Areal ist eine neuartige, zeitgemässe Interpretation des Themas «Stadt» und gleichzeitig ein Leuchtturmprojekt, dessen Strahlkraft weit über die Stadt Zürich und die Landesgrenzen hinaus reicht.

Keines wie das andere
2007 feierten die gemeinnützigen Baugenossenschaften in Zürich den hundertsten Geburtstag. Aus einem offenen Ideenwettbewerb ging ein «Kodex zur Qualitätssicherung im zukünftigen Wohnungsbau» des Architekturbüros futurafrosch siegreich hervor. Gut zwei Jahre später führte man mit dieser Basis einen Projektwettbewerb für die verdichtete Bebauung des Hunziker Areals durch. Im Bereich Städtebau trug abermals das Büro futurafrosch, diesmal zusammen mit Duplex Architekten, den Sieg davon. In der Folge entstand ein Masterplan, der heute die Struktur des Quartiers prägt: 13 tiefe, fünf- bis achtgeschossige Volumen sind leicht zueinander versetzt über das ganze Areal angeordnet. Durch ihre Positionierung ergeben sich Strassen, Wege, Plätze und Grünräume. Diese Aussenräume sind wohl proportioniert und bilden mit den Häusern ein Ganzes, das gleichzeitig Offenheit und Intimität verspricht und an Zentren historischer Städte erinnert. Einen wichtigen Beitrag an dieses Ambiente leisten die Räume im Erdgeschoss, welche als Ladenlokalitäten, Restaurants oder Allmendräume genutzt werden, die den Anwohnerinnen und Anwohnern für Gemeinschaftsprojekte und Anlässe zur Verfügung stehen. Den Anliegen der Mieter widmet sich die Rezeption der Wohnsiedlung, die sich am Hauptplatz befindet. Hier kann auch eines der 20 Gästezimmer reserviert werden, die von Bewohnerinnen und Bewohnern zu Vorzugspreisen gemietet werden können.

Die Philosophie von «mehr als wohnen» spiegelt sich auch in der baulichen Umsetzung. Auf dem Hunziker Areal gibt es keine langen Fassadenfluchten, die Siedlung präsentiert sich abwechslungsreich und lebendig. Der Masterplan schuf die Grundlage für Häuser, von denen keines dem anderen gleicht. Folgerichtig be­auftragte man neben dem Tandem futura­frosch / Duplex noch drei weitere am Projektwettbewerb beteiligte Büros mit der Planung: Müller Sigrist Architekten AG, das Architekturbüro Miroslav Šik und pool Architekten. Jedes Haus erhielt seinen eigenen Charakter und es wurden unterschiedlichste Konstruktionsmethoden angewendet. So gibt es zwei Bauten in mehrgeschossiger, hybrider Holzbauweise, zwei weitere wurden mit monolithischem Einsteinmauerwerk errichtet – und am zentralen Hunziker-Platz steht das mit sieben Geschossen höchste Gebäude des Areals, welches aus Wärmedämmbeton erstellt wurde. Eine vorgehängte Holzfassade bei einem weiteren Bau trägt zusätzlich zur Diversität bei. Die restlichen Gebäude sind mit konventionellen, verputzten Wärme­dämm-Verbundfassaden versehen.

So individuell sich das Hunziker-Areal äusserlich als Ganzes präsentiert, so unterschiedlich sind die Formen auch im Innern der Gebäude. Die 369 Genossenschaftswohnungen bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Wohnformen: Das Spektrum umfasst traditionelle 2- bis 6-Zimmer-Wohnungen, aber auch neuartige Satelliten-Wohnungen mit bis zu 13 ½ Zimmern. Diese nach dem flat-in-flat-Grundriss gestalteten Grosswohnungen bieten auf 250 Quadratmeter Fläche individuelle Nasszellen, eigene Teeküchen und attraktive Gemeinschaftsräume mit Koch- und Essbereichen. Bei anderen Bauten führen 1 ½- und 2-geschossige Wohnungsbereiche das Tageslicht bis weit in die tiefen Grundrisse hinein.

Minergie-P-ECO
In energetischer Hinsicht lautete die Vorgabe: Erreichen des Minergie-P-ECO Baustandards. Zu Beginn der Projektierungsphase betreute ein interdisziplinäres Team aus Bauphysikern, Ingenieuren und Haustechnikspezialisten alle Häuser gemeinsam. Bei der Realisierung erwies es sich als sinnvoller, die einzelnen Gebäude verschiedenen Fachplanungs-Teams zu überantworten. Da jedes Haus seinen eigenen Charakter hat, war es nachvollziehbar, dass die gebäudetechnischen Konzepte von Fall zu Fall auf das entsprechende Haus zugeschnitten werden mussten und das Erreichen der Vorgaben am Schluss an der Gesamtsiedlung geprüft wurde.

«mehr als wohnen» betraute das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) mit der Wärmeversorgung und dem Betrieb des Abwärme-Netzes. Die Energie kommt meist ganz aus der Nähe: Gleich hinter dem benachbarten Schulhaus Leutschenbach hat das Informatik-Kompetenzzentrum OIZ im Jahr 2012 ein neues Rechenzentrum in Betrieb genommen, ein potenter Wärmelieferant. Daneben steht das eingangs erwähnte Kehrichtheizkraftwerk, das seit Jahrzehnten ein Fernwärmenetz betreibt. Für die Warmwasseraufbereitung wird mittels Wärmepumpen die Temperatur erhöht. Den Strom dafür liefern Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Siedlung. Erstmals in Zürich haben bei diesem Projekt «mehr als wohnen» und EWZ eine Eigenverbrauchsregelung für Mietobjekte umgesetzt.

Drei Häuser sind mit einer Abluft-Wärmerückgewinnungsanlage ausgerüstet, vier weitere Bauten wurden mit konventionellen Bedarfslüftungen mit Gegenstrom-Wärmetauschern ausgestattet. Die übrigen Häuser erhielten Abluftanlagen, die vorerst über keine Wärmerückgewinnung verfügen, denn die Wärme aus dem Rechenzentrum wird als hochwertiger eingeschätzt. Die Wohnsiedlung auf dem Hunziker Areal verbraucht im Betrieb sehr wenig Energie und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der 2 000-Watt-Gesellschaft. Mit dem World Habitat Award 2016–17 der Stiftung Building and Social Housing (BSHF), untersützt von UN-Habitat, hat «mehr als wohnen» eine der prestigeträchtigsten internationalen Auszeichnungen im Nachhaltigkeitsbereich erhalten.

Wer hat’s gebaut?
13 Häuser bauen, und jedes ist unterschiedlich – die kostengerechte Realisierung des Hunziker Areals erforderte ein umfassendes Know-how und eine straffe Organisation. Im Totalunternehmer Steiner AG, die seit Jahrzehnten in der Nachbarschaft an der Hagenholzstrasse beheimatet ist, fand die Bauherrschaft einen Partner, der das visionäre und komplexe Projekt mit viel Leidenschaft und Erfahrung umsetzen konnte. Es war dann auch der partnerschaftliche Ansatz, der die Voraussetzung für die erfolgreiche Planung und Realisierung dieses auch für die Steiner AG neuartigen Projektes bildete. Eine aktiv gelebte Diskussionskultur erlaubte es, alle gesetzten Ziele während einer herausfordernden und anspruchsvollen Design-to-Cost-Planungsphase zu erreichen. Denn die Zusammenhänge zwischen technischen und wirtschaftlichen Aspekten waren sehr komplex und erforderten eine intensive Zusammenarbeit zwischen Entwicklung, Planung, Konstruktion und Erstellung während sämtlicher Phasen der Entstehungskette. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff Design-to-Cost die gesamtheitliche Betrachtung eines Projektes unter Be­rücksichtigung von konstruktiven, technologischen und wirtschaftlichen Vorgaben: Fünf Architektenteams, ein Landschaftsarchitekt, fünf Haustechnikplaner, ein Elektroplaner, zwei Ingenieurbüros als Arbeitsgemeinschaft und dazu noch diverse Spezialisten für Bauphysik, Minergie, Nachhaltigkeit etc. waren gleichzeitig auf dem Platz und im Baubüro. Obwohl es oft sehr hektisch zu- und herging, schaffte es die Totalunternehmung, das Qualitäts- und Kostenziel über Standardisierungen und Vereinheitlichungen von Produkten und Elementen der Konstruktionen stets einzuhalten. Die Steiner AG hat mit der Überbauung des Hunziker Areals bewiesen, dass neue, verdichtete Siedlungsformen mit herausforderndsten energetischen Rahmenbedingungen für einen Totalunternehmer (TU) zwar äusserst anspruchsvoll sind, diese jedoch auch dessen Kompetenzen und Leistungs­fähigkeit unter Beweis stellen. Das 169 Mio. Franken Projekt «mehr als wohnen» zeigt auf einer Bruttogeschossfläche von 79’000 m2 die architektonischen, baulichen, planerischen und organisatorischen Möglichkeiten für das Bauen nach den Zielen der angestrebten 2 000-Watt-Gesellschaft. Als TU verantwortete die Steiner AG das gesamte Projekt, von der Planung bis zur Ausführung.