Die Grösse spielt keine Rolle: Neue, modulare Membrantechnologie macht auch
kleine Biogas-Aufbereitungsanlagen wirtschaftlich. Der Schweizer
Anlagenbauer nutzt SEPURAN Green für Erdgas-/Biomethantankstellen.

Im Zuge des Dieselskandals und der hitzigen Debatte um Abgaswerte und CO2-Normen wird auch eine Technologie zunehmend interessanter, die in den letzten Jahren eher ein Schattendasein führte: der Erdgas-Antrieb. Dieser ist bewährt, produziert deutlich weniger Schadstoffe als andere Verbrennungsmotoren und der genutzte Treibstoff hat – anders als Autogas – tatsächlich grünes Potenzial: Erneuerbares Methangas (CH4) aus Biomasse könnte fossile Energieträger sukzessive ersetzen. Eine nachhaltige CH4-Produktion ist beispielsweise über die dezentrale Herstellung aus agrar­wirtschaftlichen Abfallstoffen, kommunalen Reststoffen oder Klärgasen umsetzbar. Bislang war das jedoch nur eingeschränkt möglich, da es kein Verfahren gab, mit dem auch kleine Biogas-Auf­bereitungsanlagen kosteneffizient betrieben werden konnten. Eine neue Membran­technologie könnte dies jedoch grundlegend ändern: Der renommierte Schweizer Anlagenbauer Apex AG nutzt für seine Systeme die modulare SEPURAN Green-Technologie von Evonik, deren Effizienz von der Anlagengrösse unabhängig ist. In der Abwasserreinigungsanlage Schönenwerd, die aus rund 20 Nm³/h Rohgas 12 Nm³/h Biomethan erzeugt, ist diese Lösung bereits seit 2016 erfolgreich im Einsatz.
Die Voraussetzungen für eine Versorgung mit Biomethan sind im DACH-Bereich verhältnismässig günstig: Allein in Deutschland gibt es 9 000 Biogasanlagen, von denen 99 Prozent derzeit noch ausschliesslich Strom und Wärme produzieren. «Vor allem im Sommer kann die Abwärme meist nur ungenügend genutzt werden. Hinzu kommt, dass elektrischer Strom – ausser in Pumpspeicherkraftwerken – nicht speicherbar ist», so Ueli Oester, Geschäftsführer der Apex AG. «Die Biogas-Aufbereitung kann diese Nachteile weitgehend auf­heben, da Biomethan sowohl direkt zur Betankung genutzt, als auch ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Gleichzeitig entsteht bei der Produktion nur wenig Abwärme.» Zudem gibt es derzeit noch viele ungenutzte Biogasquellen, die erschlossen werden könnten: So sind etwa agrarwirtschaftliche Abfallstoffe und Klärgase geeignet. Sie fallen häufig dezentral und in vergleichsweise kleinen Mengen an. «In der Schweiz beispielsweise gibt es viele kleine Klärwerke mit relativ geringen Klärgasmengen, an deren Aufbereitung die schweizerischen Erdgas-Versorgungsunternehmen sehr interessiert sind», so Oester. Das gesamte Potential alleine bei den Eidgenossen liegt bei ein paar hundert Anlagen für die Aufbereitung von Klärgas aus Abwasserreinigungsanlagen und für landwirtschaftliches Biogas.

Allerdings sind alle herkömmlichen Technologien für die kommerzielle Aufbereitung von Rohgas (ein Gemisch mit den Hauptkomponenten CH4 und CO2) zu Biomethan eher für grosse Anlagen geeignet. «Gängige Abtrennungsmethoden wie Druckwasserwäsche, Druckwechseladsorption oder Aminwäsche benötigen relativ viel Energie, Hilfsmittel und -chemikalien», erläutert Volker Wehber, Director SEPURAN Green bei Evonik. «Es werden Abfälle und Abwasser erzeugt, die aufbereitet und entsorgt werden müssen.» Zudem steht das Biomethan nach der Aufbereitung meist unter geringem Druck. Für die Einspeisung in ein Mitteldrucknetz beispielsweise muss es mithilfe eines zusätzlichen Kompressors auf Drücke von 15 bis 20 bar verdichtet werden. Daher arbeiten konventionelle Aufbereitungsanlagen meist erst ab einer Rohbiogasmenge von deutlich über 500 Nm³/h wirtschaftlich. Das bedeutet: Für eine dezentrale Energieversorgung mit zahlreichen kleineren Anlagen sind sie in der Regel ungeeignet. Die Apex AG suchte daher nach alternativen Verfahren für eine ökonomisch sinnvolle Aufbereitung dieser Ressourcen.

Hochselektive Membranen für unterschiedlichste Rohgasmengen
«Seit 2012 arbeiten wir mit SEPURAN-Green-Membranen von Evonik. Im Gegensatz zu den üblichen Aufbereitungsverfahren eignen sich diese sehr gut für Anwendungen mit relativ kleinen Biogasmengen von < 100 Nm³/h, für die wir unsere Anlagen konzipieren», so Oester. Die Technologie ist von der Anlagengrösse unabhängig, da sie modular ist: «Die einzelnen Membranmodule bestehen aus Bündeln von Hohlfasern aus einem druck- und temperaturbeständigen Hochleistungskunststoff, die mit dem Rohgasgemisch unter Druck beaufschlagt werden. Sie arbeiten nach dem Prinzip der selektiven Permeation durch die Membranoberfläche», erläutert Wehber. «CO2-Moleküle wandern schneller durch die Poren der Hohlfaserwand als CH4-Moleküle, die eher in der Hohlfaser verbleiben und so abgetrennt werden können.» Die Gasseparationsmembranen von Evonik weisen eine hohe CO2 / CH4-Selektivität von über 50 auf, mit der sich das Methan aus dem Rohgas auf bis zu 99 Prozent aufreinigen lässt.

Je nach Anwendung und Anlagengrösse können verschiedene Modulgrössen gewählt sowie beliebig viele Membransysteme miteinander verschaltet werden. «Die derzeit durchsatzstärkste Anlage mit SEPURAN Green hat ein Volumen von 6 250 Nm³/h Biogas. Mit kleinen Faserbündeln können jedoch genauso auch Kleinstmengen an Gas aufbereitet werden», so Wehber weiter. Insgesamt zeigt das System von Evonik eine besonders hohe Anlagenverfügbarkeit, einen sehr geringen Energiebedarf und niedrige Wartungskosten. Zudem entstehen bei der Aufbereitung weder Abfälle noch Emissionen. Es werden auch keine Hilfsmittel wie Wasser oder Sorptionsmittel benötigt. All diese Vorteile schlagen sich direkt in Form von Kostenvorteilen nieder. «Die Technologie kann ausserdem leicht an sich ändernde Volumenströme und Gaszusammensetzungen angepasst werden», erklärt Wehber.

BlueBONSAI-Anlage in Schönenwerd mit dreistufiger Aufbereitung
Im Einsatz ist die Technologie beispielsweise seit Juni 2016 in der Abwasserreinigungsanlage Schönenwerd bei Aarau. Dort ist eine BlueBONSAI-Anlage der Apex AG verbaut, die aus rund 20 Nm³/h Rohgas 12 Nm³/h Biomethan erzeugt und auf den notwendigen Speicherdruck von 300 bar für die Fahrzeugbetankung verdichtet. «Die Schlüsselkomponenten der Aufbereitungsanlage sind in einem zweigeteilten Container untergebracht», so Oester. «Der grössere Raum, der die Anforderungen der Ex-Zone 2 erfüllt, beherbergt die Gastechnik, das heisst Vorkonditionierung des Klärgases, Aktivkohlefilter, Membranaufbereitungsmodul, Gasverdichtung, Sensorik, Gasmengenmessung und Betankungspanel. Im kleineren Bereich befinden sich Steuerung und Kaltwassersatz.» Der im Freien stehende Hochdruckspeicher der Tankstelle und der Füllschlauch samt -kupplung für die Fahrzeugbetankung, die sich aussen an der Containerwand befinden, komplettieren das System. Die Aufbereitung erfolgt automatisch und bedarfsgesteuert: Sinkt der Druck im Speicher durch die Betankung von Fahrzeugen unter einen bestimmten Schwellenwert, wird die Anlage gestartet und bleibt in Betrieb, bis der Speicher wieder gefüllt ist.

Der Methangehalt des Rohgases in Schönenwerd liegt bei circa 60 Prozent, hinzu kommen CO2, Wasserdampf und weitere Begleitstoffe. «Nach der Entfeuchtung, dem Abtrennen der Begleitstoffe und der Vorkonditionierung wird das Rohgas auf den Betriebsdruck der SEPURAN-Green-Membranen verdichtet, in denen der Trennungsprozess stattfindet», erläutert Oester. Dies geschieht nach einem dreistufigen, von Evonik patentierten Verfahren, bei dem das Biogas immer mindestens zwei Membranstufen durchläuft: Das Gas tritt in die erste Membranstufe ein und nach der Gasseparation geht das Retentat, das nun deutlich weniger CO2-Moleküle enthält, in die zweite Stufe ein. Bei deren Retentat handelt es sich bereits um das fertige Produkt – Biomethan in Treibstoff­qualität. Im Anschluss wird das Permeat der ersten Stufe, das hoch CO2-lastig ist, in einer dritten Stufe erneut gereinigt, so dass die darin verbliebenen CH4-Moleküle abgefangen werden. Dadurch ist der Methanschlupf bei diesem Verfahren besonders gering – er liegt deutlich unter 1 Volumenprozent. Abschliessend wird das Biomethan auf den Speicherdruck verdichtet und für die Fahrzeugbetankung vorgehalten.

Energieverbräuche gezielt steuerbar
Der Stromverbrauch für die Aufbereitung mit diesem Verfahren beläuft sich in Schönenwerd auf circa 0,3 kWh/Nm³ Rohgas oder 0,5 kWh/Nm³ Biomethan. Hinzu kommt der Strombedarf für die Verdichtung des Biomethans, so dass der Wert insgesamt bei 0,6 kWh/Nm³ Rohgas beziehungsweise 1 kWh/Nm³ Biomethan liegt. Der Verbrauch für die Aufbereitung hängt dabei wesentlich von der individuellen Konzeption der Gesamtanlage ab: «Je höher der Druck im System ist, desto mehr Kompressorleistung wird benötigt», so Wehber. «Eine Anlage kann auf einen höheren Druck und weniger Membranfläche ausgelegt werden. Sollen niedrige Drücke gefahren, also Kompressorleistung und damit Stromkosten eingespart werden, muss dagegen in mehr Membranfläche investiert werden.» Eine spezielle Simulationssoftware von Evonik hilft dabei, ein Projektoptimum zu finden: Hier können Szenarien mit unterschiedlichen Druckstufen, Membrananzahlen, Produktreinheiten und Ausbeuten durchgespielt werden. «Wir nutzen diese Software für die Simulation verschiedener Parameter sowie die Findung der optimalen Betriebsbedingungen», erklärt Oester. Letztere werden anschliessend im Betrieb überprüft und nachjustiert.

Die Apex AG plant, SEPURAN-Green-Membranen auch in Zukunft in den eigenen Aufbereitungsanlagen zu verbauen und das Gesamtsystem weiter zu optimieren – mit dem Ziel, die Investitions- und Betriebskosten weiter zu senken. «Mit der Membrantechnologie könnte letztlich jede existierende Biogas- oder Kläranlage mit einer Aufbereitungsanlage inklusive Tankstelle verbunden werden und somit die CNG-Tankstelleninfrastruktur einfach innerhalb weniger Jahre flächendeckend erweitert werden – auch in Gebiete ohne Erdgasnetz», resümiert Wehber. «Dieses Potenzial für eine dezentrale Energieversorgung bietet derzeit keine andere Technologie.»